SC MAGDEBURG – EINE ERINNERUNG AN DIE DEUTSCHE MEISTERSCHAFT

Die 1. Bundesliga ging 2000/2001 in eine in vielfacher Hinsicht außergewöhnliche Saison. Das erste Mal waren im Oberhaus 20 Mannschaften vertreten, der ohnehin enge Spielplan, der durch die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaften mehrfach unterbrochen werden musste, wurde zu einer noch größeren Belastung für alle Beteiligten. Manager Bernd Uwe Hildebrand und sein Freund Bernd, zeigten sich optimistisch, der 1. Genannte sagte zu Saisonbeginn „Ich denke, dass in der Mannschaft so viel Potential steckt, dass wir am Saisonende einen Pokal oder eine Schale in der Hand halten“. Schon in den Vorbereitungsspielen wurde deutlich, dass die Mannschaft eine hohe Leistungsbereitschaft zeigte, mannschaftlich geschlossen wirkte und erfolgshungrig auf den Ligastart wartete. Trotz des unerwarteten Punktverlustes am 2. Spieltag beim Abstiegskandidaten SG Willstätt/Schutterwald verlief der Saisonauftakt vielversprechend. Nach fünf Spieltagen legte die Bundesliga eine „Olympische Pause“ ein und die SCM-Handballer konnten für mehrere Wochen auf dem 1. Tabellenplatz verbleiben.

Die Mannschaft des SC Magdeburg in der Bundesliga Saison 2000/2001 (Foto: ESV Verlagsgesellschaft mbH)
Von 1998 – 2003 spielte Ólafur Stefanson für den SCM und war einer der besten Rückraumspieler aller Zeiten. Er wurde 2003 in die Magdeburger Hall-of-Fame aufgenommen (Foto: ESV Verlagsgesellschaft mbH)

Nach den Olympischen Spielen, wo die Deutsche Nationalmannschaft mit einem fünften Platz nach Hause reiste, hatte der SCM mit Wassili Kudinow jetzt einen brandaktuellen Olympiasieger auf dem Platz und mit Franziska van Almsick eine neue Zuschauerin auf den Rängen zu sitzen. In der Liga gewann man zunächst in Essen und dann erkämpfte man in Nordhorn einen Punkt. Am 12.Spieltag wurde der Mitfavorit TBV Lemgo mit 37:17 förmlich aus der Halle gefegt und der Club stand mit 4 Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze. Die örtliche Presse feierte die Gislason-Mannen schon als den neuen Deutschen Meister. Allerdings hatte es das Restprogramm der ersten Halbserie in sich, in Wetzlar, Kiel und Flensburg unterlagen die Magdeburger und gegen Wallau Massenheim gab es auch nur ein Unentschieden. Am 30.12. beschloss der SCM mit einem 25:17 gegen Essen das Jahr und ging mit einem 5. Platz mit 4 Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter Flensburg in die WM-Pause. Nach der WM standen neben dem oben genannten Olympiasieger mit Joel Abati und Christian Gaudin jetzt auch noch zwei ganz frische Weltmeister auf der Platte. Auf den Rängen kamen zu Bernd und Bernd neben Franziska keine weiteren Errungenschaften hinzu. In ausgezeichneter Verfassung zeigte sich der SCM nach der WM-Pause und blies zum Sturmangriff auf die Bundesligaspitze. Zehn Spiele in Folge wurden nicht verloren und der Club eroberte sich die Tabellenführung zurück. Dann erwischte die Mannschaft eine „schwarze Woche“. Erst folgte das Aus gegen Nordhorn im DHB-Pokal und nur drei Tage später gab es beim TBV Lemgo eine deutliche 22:28 Niederlage. Nachdem im Januar schon Uwe Mäuer so schwer verletzt wurde, dass für Ihn die Saison gelaufen war, musste Gislason jetzt auch noch auf den zuletzt „von oben bis unten“ bandagierten Oleg Kuleschow, der eigentlich schon seit einiger Zeit „unters Messer“ gehört hätte, aber der Mannschaft in der Endphase der Meisterschaft unbedingt zur Seite stehen wollte, verzichten. Das Meisterschaftsfinale wurde zum Dreikampf zwischen Flensburg, Lemgo und dem SCM. Nach dem Triumph im EHF-Cup, mit neuem Selbstbewusstsein ausgestattet, wurde in Hameln und Minden gewonnen und Wetzlar mit 27:19 in der Bördelandhalle deklassiert.

Der Trainer Alfred Gislason mit der Meisterschale (Foto: SC Magdeburg)
Meine Eintrittskarte vom Spiel, habe ich gerade in einer Hosentasche gefunden (Foto: abarre)

Am 36. Spieltag kam Kiel nach Magdeburg, wir führten zu diesem Zeitpunkt mit einem Punkt vor Flensburg und zwei Punkten vor Lemgo. Wie schon so oft erwies sich Kiel als unbequemer Gegner und am Ende stand es 24:24; aber auch Flensburg spielte in Gummersbach nur Unentschieden. Lediglich Lemgo erlangte einen grandiosen Auswärtssieg in Nordhorn. Im letzten Auswärtsspiel der Saison musste der SCM zur SG Wallau-Massenheim reisen, selbige war die Überraschungsmannschaft der Liga und stand auf dem vierten Platz und ungeschlagen in eigener Halle. Es kam, wie es kommen musste, und die Niederlage fiel am Ende mit 31:25 sehr deutlich aus. Minutenlang war bei den Magdeburger Spielern die Enttäuschung über die verpasste Meisterschaft riesengroß, bis die Nachricht aus Großwallstadt die Runde machte, dass auch Lemgo verloren hatte. Flensburg gewann und Lemgo war somit aus dem Meisterschaftsrennen. Die Liga hatte also am Ende dieser Mammutsaison erstmals ein echtes Meisterschaftsfinale und dann auch noch bei uns in Magdeburg. Der SCM hätte an diesem letzten Spieltag ins benachbarte HKS umziehen können, selbst dann wäre es schwergefallen, alle Kartenwünsche zu befriedigen. Die ausverkaufte Bördelandhalle, in der neben Max, Bernd und Bernd auch meine Wenigkeit zugegen sein durfte, glich einem rot-grünen Meer und von den Rängen schallte es schon vor Spielbeginn: „Deutscher Meister, wird nur der SCM, nur der SCM“. Zu Beginn des Spiels tat sich unsere Mannschaft etwas schwer, wir liefen bis zur 26. Minute einem Rückstand hinterher. Dann fanden die Hausherren immer besser in Spiel und gingen mit 12:11 in die Halbzeitpause. Schon kurz nach dem Wiederanpfiff war der SCM auf 15:11 enteilt und als es nach 44 Minuten 20:14 stand, war die Vorentscheidung gefallen. Der Sportclub spielte die letzte Viertelstunde wie er wollte, kein Zuschauer brauchte noch einen Sitzplatz und es klang aus 7000 Kehlen „We are the Champions“. Die Halle glich einem Tollhaus; nach dem Schlusspfiff wurde die Spielfläche gestürmt und die Fans trugen ihre Idole auf den Schultern.

Der Kapitän Steffen Stiebler und Erik Göthel mit der Meisterschale bei der Ankunft vor dem Rathaus
(Foto: Volksstimme)
Der Alte Markt mit über 18.000 Fans, die ihre Mannschaft, bis in die frühen Morgenstunden frenetisch feierten (Foto: ESV Verlagsgesellschaft mbH)

Zwei Stunden nach Spielende wurde der Alte Markt von über 18000 Fans in Grün-Rot getaucht und die Mannschaft auf dem Balkon vom Rathaus stundenlang gefeiert. Bernd schwenke eine überdimensionale SCM-Fahne, vielleicht vom zweiten Bernd hergestellt und der Kapitän Stefen Stiebler rief ins Mikrofon: „Magdeburg wir danken Euch“. Ich danke dem SCM für dieses bisher einmalige Meisterschaftserlebnis und hoffe, dass der Marktplatz von unserer geliebten Stadt bald wieder in Grün-Rot oder auch in Blau-Weiß getaucht werden wird. AB

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2 Gedanken zu „SC MAGDEBURG – EINE ERINNERUNG AN DIE DEUTSCHE MEISTERSCHAFT“

  1. Sehr schöner Rückblick, der einem Gänsehaut gibt. Schön noch einmal die Chronologie der Ereignisse wieder zu erleben, wie knapp es dann doch am Ende war. Große Persönlichkeiten hatten wir damals insbesondere OLAFUR S. und natürlich auch unser Trainer ALFRED G. Ein Titel würde uns mal wieder gut zu Gesicht stehen … mf

  2. Ja, sehr schön geschrieben und gut recherchiert. Ich kann mich eigentlich nur noch an das Finale gegen Flensburg erinnern. Halt, stopp, der hohe Sieg gegen Lemgo kam mir auch noch bekannt vor. Gute Bilderauswahl. 🙂

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